Die unterschätzte Tugend: Demut und Dankbarkeit

Reumütige Ex-Banker, Politiker, die lieber tiefstapeln, Manager mit Mut zur Schwäche. Demut liegt im Trend. Das Gute daran: Wir leben alle zufriedener damit.

Neulich, an einem Samstagnachmittag, besuchte ich einen alten Freund. Achim ist Ende 40, Single und kinderlos. Er arbeitet in einer Behörde, hat dort einen gut bezahlten Job. Er macht ihn gern, aber auch schon lange. An diesem Samstagnachmittag treffe ich Achim im Treppenhaus – beim Putzen. „Das ist meine Art der Demut“, sagt er. Alle zwei Wochen wischt er im gesamten vierstöckigen Mietshaus den Flur. Für ein paar Euro. Aber um den Lohn geht es nicht. „Beim Putzen komme ich runter, raus aus der Tretmühle Alltag“, erzählt er. „Es tut mir gut, mit meiner Hände Arbeit etwas zu leisten. Das habe ich in meinem Bürojob nicht.“

Achims Worte begleiten mich. Demut ... Kaum jemand verwendet dieses Wort noch. Ist es überhaupt zeitgemäß? Absolut! Demut ist aktueller denn je. Denn sie steht für Bescheidenheit, Achtsamkeit und Dankbarkeit. Und das sind keine in die Jahre gekommenen Tugenden. Die Gesellschaft entdeckt sie gerade wieder für sich. […]

Zu den kleinen Dingen des Lebens aufschauen

[…] Albert Schweitzer bezeichnete Demut einmal als die Fähigkeit, auch zu den kleinsten Dingen des Lebens aufzuschauen. Wer die Bodenhaftung nicht verloren hat, der kann sich über die Sonnenstrahlen freuen, die hinter der Wolke hervorblitzen. Über das Lächeln des Busfahrers, das einen die schlechte Laune vergessen lässt. Über das wohlig-warme Gefühl, das eine Tasse Tee im Bauch verbreitet. Demut bedeutet nämlich auch, zu wissen, dass nichts selbstverständlich ist, und dafür dankbar zu sein. Das betrifft die kleinen Dinge, die Tasse Tee, ebenso wie große Themen: die Tatsache, dass man gesund ist, Familie und Freunde hat und ein Dach über dem Kopf. In unsicheren Zeiten wie heute werden uns diese Werte wieder bewusst.

[…] Allerdings fällt es nicht jedem leicht, das Glück im Kleinen zu erkennen; auch Dankbarkeit und Bescheidenheit gehen im Alltag oft unter. Wie also schafft man es, mehr Demut ins Leben zu bringen? Indem man sich Momente des Innehaltens schafft. Beim Spazierengehen, beim Meditieren oder vorm Einschlafen. Ein paar Minuten reichen, um sich zu verdeutlichen: Was habe ich heute Schönes erlebt, wofür bin ich dankbar? […]

Ein Unfall, eine schwere Krankheit oder gar die Konfrontation mit dem Tod machen einem ganz plötzlich klar, dass jeder Tag ein Geschenk ist. […]

Demut macht gelassener

Nach solchen Erlebnissen ist die Demut plötzlich präsent: Man realisiert, was man hat und wie wertvoll das ist. Viele, die aus diesem Prozess dankbar und gestärkt hervorgehen, wollen danach auch etwas Gutes für andere tun, um von ihrem Glück oder Wohlstand abzugeben. Und auch das führt zu mehr Zufriedenheit. Forscher der Universität Michigan wiesen nach, dass sich diejenigen, die sich selbstlos für andere Menschen engagieren, besonders glücklich fühlen – und sogar eine höhere Lebenserwartung haben. „Durch den Einsatz für die gute Sache verleihen die Menschen ihrem eigenen Leben mehr Bedeutung und sind damit dauerhaft glücklicher“, fand auch der amerikanische Psychologe Martin Seligman heraus. So betrachtet ist die Demut – und sind ihre Folgen für unser Leben – ganz und gar wünschenswert.

Und sie hat noch einen weiteren Vorteil: Sie macht uns gelassener. Denn wer eher bescheiden ist, der kennt seine eigenen Grenzen. Er weiß also auch, dass er bestimmte Dinge nicht ändern kann. Folglich regt er sich gar nicht erst über den verspäteten Zug auf, auch nicht über Sturm und Regen. Und lebt deshalb wesentlich entspannter. Die eigenen Grenzen ehrlich zu kennen und zu akzeptieren, macht auch im Berufsalltag gelassen: Es nimmt einem die Bürde, immer alles wissen und können zu müssen. Das passt zwar so gar nicht ins Bild einer Leistungsgesellschaft, in der Überflieger nach wie vor als Vorbild gefeiert werden.

Untersuchungen zeigen aber, dass Erfolg nicht immer an Omnipotenz gekoppelt ist. Der amerikanische Professor Jim Collins hat 15 Jahre lang erforscht, was erfolgreiche Unternehmen ausmacht. Das Ergebnis seiner Untersuchung: Diese Firmen hatten allesamt Führungskräfte, „die eine paradoxe Mischung aus persönlicher Bescheidenheit und professionellem Willen, die Mission ihrer Organisation langfristig zu erfüllen, zeigen“. […]

© FÜR SIE, Autorin: Gitta Schröder, www.fuersie.de

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Das Schwerpunktthema für August 2012

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Text: Gitta Schröder
In: Pfarrbriefservice.de