Die Adventszeit ist Hoffnungszeit

Ein Interview

Pater August Hülsmann SCJ (Kloster Neustadt) erklärt im Gespräch, worum es im Advent aus christlicher Sicht geht: Ruhe und Besinnung ja, aber auch um den Blick auf die Zukunft und eine Hoffnung, die das Leben verändert.

Pater Hülsmann, mit dem ersten Advent beginnt die „stille Zeit“. Für viele von uns ist es aber eine besonders stressige Zeit. Worauf führen Sie das zurück?

Pater Hülsmann: Weihnachten ist ein Fest, das uns ans Herz geht: Gott wurde Mensch in einem Kind, das in Bethlehem geboren wird und unsere Situation annimmt, uns nahekommt. Dies bedeutet eine Freude, die man sich untereinander zuteil werden lassen will, man will sich Freude schenken. Daraus ist der Geschenkbrauch entstanden, doch hat das solch eine Wichtigkeit erlangt, dass viele nur noch das Schenken sehen. Der ursprüngliche Sinn wird verdeckt unter der Hektik und dem Stress, der damit verbunden ist.

Hinzu kommt: Heute ist es ein „Muss“, dass jeder Betrieb und jeder Verein eine so genannte „Weihnachtsfeier“ veranstaltet – obwohl noch nicht Weihnachten ist. Eine Veranstaltung jagt die nächste, man eilt von Termin zu Termin – und das ist nicht der Sinn des Advents.

Was ist der Sinn des Advents?

Pater Hülsmann: Wir alle spüren ja, etwas ist anders als sonst. Advent bedeutet „Ankunft“, „Ankommen“. Wir erinnern uns an die Ankunft Christi vor 2000 Jahren. Damals lag ein bestimmtes Sehnen und Hoffen in der Welt: Man hoffte in Palästina auf einen Erlöser, möglicherweise einen politischen Befreier – einen Retter. Somit ist es einerseits ein Fest der Erinnerung, andererseits ein Fest, das nach vorne schaut: Er wird wiederkommen.

Es ist interessant: Die Bibel hört auf mit der Apokalypse, und deren letzte Worte sind: „Komm, Herr, komm!“ Darauf sollten wir uns besinnen. Wir sollten an das Ende denken, das aber mit einer gewissen Hoffnung und Zuversicht verknüpfen, und auch viele Dinge in der heutigen Welt, die uns bedrücken, in diesem Licht sehen: in der Hoffnung auf die Wiederkunft Christi.

Mit dem ersten Advent beginnt ein neues Kirchenjahr. Was bedeutet das für die Gläubigen?

Pater Hülsmann: Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Rhythmus für uns sehr wichtig ist: Wir sollen uns das Leben Jesu vor Augen halten, und dazu gehört, das Kirchenjahr mit all seinen Festen mitzugehen. Weihnachten ist das Fest der Liebe des Vaters, der seinen Sohn in die Welt gesandt hat, Ostern das Fest des Sohnes, der sich hingegeben hat und von den Toten auferstand, Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes, der uns gesandt ist. Dann gibt es viele weitere Feste, die unseren Blick auf die Geheimnisse des Glaubens richten. Es tut uns gut, diesen Rhythmus zu leben, und dafür sollte man vor allem den Eingang zum neuen Kirchenjahr nicht verpassen. Der Advent ist eine wunderbare Gelegenheit: Es entspricht dem Rhythmus des Menschen, einen „Vorlauf“ für die großen Feste des Jahres zu haben.

In den Lesungen der Adventssonntage wird deutlich, dass der Advent Erinnerung und Erwartung ist: Erst ab dem zweiten und dritten Sonntag erinnern wir uns an das, was damals geschah. Wir gedenken Marias und Johannes des Täufers. An den Sonntagen zuvor blicken wir auf das Ende der Welt und die Wiederkunft Christi. Als Kinder haben wir unseren Blick nur auf die Geburt Christi gerichtet. Aber es geht um eine Hoffnung für die Zukunft: dass auch wir heute noch in einer Erwartung stehen, in Erwartung seiner Wiederkunft.

Dadurch verändert sich nicht nur der Blick auf den Advent, sondern auf das Leben. Wie empfinden Sie das?

Pater Hülsmann: Für mich ist das bei den Sorgen um die Probleme der Welt – Klimawandel, Ausbeutung der Erde, Schuldenaufbau, und vieles mehr – ein Trost zu wissen: Er gibt uns von außen her Zukunft und Hoffnung.

Haben Sie eine Empfehlung, wie man etwas davon im Advent in seinen „Alltag“ holen kann?

Pater Hülsmann: Für mich wunderschön: die vier Kerzen auf dem grünen Adventskranz, jede einzelne. Es ist nicht sinngemäß, wenn schon Wochen vor Weihnachten hell erleuchtete Bäume aufgestellt werden. Christus, das Licht, das in die Welt kommt, feiern wir erst an Weihnachten. Auch Weihnachtsgeschichten und Adventslieder können helfen, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Im Kloster bieten wir Meditationen an, in denen wir offen werden für die immer neue Menschwerdung des Herrn in uns.

Etwas, das Sie auch zuhause tun können: Jeden Tag ein paar Minuten früher aufstehen, die Hand vor dem Verlassen des Hauses auf die Klinke legen und fragen: Was erwartet mich heute? Was erwarte ich? Und ein kurzes Gebet sprechen: „Komm, Herr, komm!“

Quelle: lorenzspringer medien/www.scj.de

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Das Schwerpunktthema für Dezember 2011

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