Danke. Bitte. Entschuldigung. Die Zicke in mir ...

Aus dem Internet-Tagebuch von Frl. Päng

Letztens saß ich im Wartezimmer beim Arzt und aus lauter Langeweile und Gewohnheit griff ich zum nächstbesten Schmökerblättchen. 10 Tipps für gute Reaktionen, wenn dir einer dumm kommt. So oder so ähnlich hieß die Headline der Thematik.
Doch ich kann keinen Tipp davon wirklich gut nachvollziehen. Nur ein Beispiel, das mir in Erinnerung verblieben ist: Beim Einkaufen schiebst du den Einkaufswagen viel zu schnell durch die Gänge und rammst nach der erstbesten Kurve den Einkaufswagen eines Mitmenschen. Dieser zeigt dir den Vogel. Die (scheinbar) richtige Reaktion darauf ist ein schnippisches „Danke, ja, ich finde auch, dass ich Köpfchen habe!“

Ich hebe beim Lesen skeptisch eine Augenbraue hoch (nein, eigentlich nicht, denn ich kann leider nicht nur eine Augenbraue heben. Aber in Gedanken mache ich es genau so!).
Was ist aus dem guten alten „Entschuldigung“ geworden?

  • Auf dem Spielplatz stolpert ein Kind über den Schuh des Vaters, fällt und weint. „Ja, das kommt davon, wenn du nicht guckst, wo du hinläufst!“, blökt er.
  • An der Tür eines Geburtstagskindes stehen wir mit dem Geschenk in der Hand. Die Tür wird geöffnet, das Geschenk aus der Hand gerissen: „Gib, das ist meins!“, ruft das Kleinkind.
  • Beim Bäcker an der Theke: Ein junges Mädchen wäre rein rechnerisch an der Reihe, doch noch während sie den Mund öffnet, um ihre Bestellung aufzugeben, drängelt sich von hinten ein mürrisch wirkender älterer Herr vor. „Neeneenee! Ich war zuerst da!“
  • Im Großraumbüro unter den Kollegen. Es wird laut diskutiert: „Haltet mal endlich die Fresse!“, kommt es empört aus einer anderen Ecke.
  • Eine Unterhaltung zwischen zwei anderen Kollegen: ein Hinweis auf eine noch nicht erledigte Arbeit, die fertig werden muss. Die schnippische Antwort: „Ich muss überhaupt nur Sterben und du kannst dich erstmal hinten anstellen!“

Was ist passiert? Ist es nicht mehr schick, höflich zu interagieren?
Muss man immer super schlagfertig und gehässig sein, wenn man auf eine Frage antwortet?

Dieses Verhalten beobachte ich seit einigen Wochen. Aber nicht nur bei „den anderen“, sondern erschreckenderweise auch bei mir.
Bei der Arbeit mit einem schnippischen Spruch zu reagieren und Coolness und Härte zu demonstrieren, ist viel leichter, als einfach „Ja“ zu sagen. Auf die Frage, warum eine Aufgabe/Gegenstand/Mahlzeit noch so unfertig/gelb/blöd/laut aussieht, antworte ich eigentlich grundsätzlich mit einem nicht ernstgemeinten: Pfff ... DU siehst unfertig/gelb/blöd/laut aus! Auf ein gut gemeintes Kompliment rutscht mir ein überheblich klingendes Ja, ich weiß heraus.

Und ich muss euch ehrlich sagen, dass ich das nicht mal merke. Erst jetzt, durch das Schreiben an diesem Blogbeitrag, den ich bereits vor Wochen begonnen habe, fällt mir auf, dass ich selbst gar nicht die Höflichkeit in Person bin, sondern manchmal echt ne fiese Ziege!
Zumindest aber oft subtil negativ mit einem oberflächlichen Lächeln.

Warum?
Stecken wir alle in einer so festen „Ichschützmichselbst“-Kugel, dass wir auf Danke, Bitte und Entschuldigung verzichten? Ist es meine persönliche Freiheit, auf Fragen, Hinweise und Ansprachen so zu reagieren, wie ich gerade mag? Wo setze ich die Grenze zwischen „Ich darf so handeln, weil es mich schützt“ und „Ich sollte mich zusammenreißen, weil es andere verletzt“?

Wisst ihr, bevor ich diesen Blogbeitrag geschrieben habe, hätte ich mich als sehr freundlichen und netten Menschen betrachtet. Ich achte sehr darauf, mich zu entschuldigen, am Morgen im Büro einen netten Gruß auf den Lippen zu tragen oder mich für Hilfe zu bedanken. Ich wollte einen Blogbeitrag schreiben, in dem ich andere dazu motiviere, die eigene Überheblichkeit und den inneren Groll gegen den viel zu frühen Montagmorgen (oder was auch immer) mal zu ignorieren und dem Gegenüber ein Lächeln zu schenken.

Jetzt stehe ich also hier, am Ende des Blogbeitrags, ganz ohne motivierenden oder inspirierenden Satz und frage mich: Bin ich echt so eine blöde Schnepfe?

Schafft ihr es, immer höflich zu bleiben? Oder habt ihr auch eine kleine Zicke in euch, die euch manchmal einfach beschützt, ohne auf das Empfinden des Gegenübers zu achten?

Lieblingsgrüße!

© Linda Penkhues
Quelle: www.bunteknete.com, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Linda Penkhues, www.bunteknete.com
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